Kolumne Naturbad

Kolumne Meine Meinung „Naturbad“ 05.09.2011

Naturbad

Ich war ein großer Skeptiker von Naturbädern, da ich immer an Baggerseen und Tümpel mit Schlick und Schilf dachte. Ich kannte als Kind die künstlichen Naturseen Tumlingen, Empfingen, Gültlingen, die mein Vater/Großvater baute, die Erzgrube und die Baggerseen in Hirschau. Ich erinnere mich, dass ein Besuch (trotz Kälte, trübem Wasser und Schlick) wie Urlaub war, Natur pur, etwas Besonderes. Wasser in der Natur hat etwas Faszinierendes. Am 1.9 und 3.9. besuchte ich das Naturbad Glatten. Folgende Gedanken mache ich mir seither und wäge ab, die Skepsis nimmt ab:

1. Ein Naturbad (rechteckig mit konstanter Wassertiefe) ist etwas ganz anderes als die Baggerseen und Tümpel früher! Damals gab es „eben nur“ konventionelle Bäder (gemauerte, geflieste Quader) und Badeteiche (natürliche Senken, gestaute Bäche mit Morast). Die Technik und Wissenschaft schritt voran und der „Naturbadbau = Kombination aus Quader und Senken“ wurde entwickelt. Konventionelle Bäder funktionieren nur mit Chlor, das gefährlich ist, in den Augen brennt und die Natur abtötet. Naturseen sind oft kalt und trüb, mit Pflanzen und Lebewesen.

2. Aus dem Betrieb und den Fehlern der ersten Naturbäder (seit 2000) lernte man und verbesserte weiter, so dass es heute möglich ist, „künstliche Naturbad-Quader“ mit fast klarem Wasser zum Baden frei zu geben und sogar Wettkampftauglich zu betreiben.
In einem „naturtrüben“ Naturbad sieht man unter Wasser ca. 2m = 200 cm weit, bis ca. 4 m, wenn die Oberfläche ruhig ist. Beim naturtrüben Bier kann
ich nicht durchschauen, obwohl das Glas nur 5-8 cm Durchmesser hat!

3. Letzte Woche hatte das Wasser 20 und 21 Grad. Für mich als Warmbader und Warmduscher kühl, aber wärmer als im Urlaub 2011 im Atlantik (Bretagne) mit 15-17 Grad und 2010 im Mittelmeer (Kroatien) mit 17-20 Grad. Die Sicht unter Wasser war überall gut: Algen, Fische, Müll, Steine, Sand …! Wenn ich da ans Mittelmeer vor 35 Jahre denke, was schwamm da alles an der Oberfläche. Zum Glück gab es auch bei der Abwasser- und Abfallentsorgung ein Umdenken.

Wie bekommen wir heute die Temperatur in Griff)? Mit einer ausgeklügelten Beheizung (Geothermie, Solar) oder Warmwasserzugabe (BHKW) sollte doch eine konstante Temperatur im Dauerbetrieb durchaus möglich sein.

4. Fast alle wollen zurück zur Natur! Sollen wir künstliche Welten vorziehen, wenn es anders möglich ist?
Wäre paradox, oder? Zumal beim Naturbad laufende Kosten eingespart werden können. Warum nicht die vielen Vereinen mit einbeziehen und das bürgerschaftliche Engagement unterstützen?

5. In Herrenberg gibt es gemischte Daten des Stat. Landesamt ca. 4500 Familien mit ca. 6000 Kindern/Jugendlichen (unter 18 Jahre) und weitere 2500 (unter 25 Jahre). Wo liest man deren „30 Jahre-Lebenserfahrung“ in Leserbriefen? Merken sie nicht, dass Entscheidungen getroffen werden, die im Wesentlichen sie betreffen? Für wen baut Herrenberg eigentlich? Wieso unterstützt kaum ein Leserbrief die Jugend?

Als ich jung war, hatte unser Bädle 1m und 3 m-Brett! Bei einer Wassertiefe von 2,80 m! Da mussten alle gut aufpassen – aber wir Jugendlichen hatten was! Heute? Nichts gibts mehr, außer 4 Startblöcken. Ein Sprungturmteil mit 5m Höhe ist absolute Pflicht und auch im Naturbad kostengünstig herzustellen!

6. Den 1700 Kleinkindern unter 6 Jahre (und deren Eltern) reicht das alte Bad mit der Matschecke! Und den ca. 200 Frühschwimmern reicht das jetzige Bad auch zum Schwimmen. Wieso also etwas ändern?

Zum Glück sind die Jugendlichen ganztags in der Schule. Was gäbe es für ein Chaos, wenn die 4300 Jugendlichen (unter 18) und die 2500 (unter 25) wirklich mal zum Baden und nicht zum Chillen kämen? Man müsste bestimmt die Schwimmrichtung festlegen, denn reinspringen darf man nicht.

7. Das Freibad Herrenberg hat jährlich ca. 55000 Besucher, das Hallenbad 110000. Wieso würde keiner mehr im Hallenbad schwimmen wollen, wenn es als Übergangslösung auch von außen im Sommer betreten werden könnte? Ich würde es begrüßen und eben auch von innen (als Warmbader) auch mal nach draußen gehen.

Mein Rat:

Jeder sollte selbst mit eigenen Augen ein Naturbad anschauen und nicht mit den Augen anderer und jeder sollte seine Urlaubsziele überdenken.

Fazit:

Ich tendiere, Stand heute, als 1. Bauabschnitt zu einem Naturbad – aber nur mit 50 m Bahnen (für Wettkämpfe) und mit Sprungturm (für die Jugend)!. Drunter brauchen wir gar nicht anfangen – sonst haben wir „Badeweiher“ mit 800 m2 in der Nähe des Eisweihers mit 2700 m2 Fläche! Das würde ich lächerlich finden, denn es
sollten alle Besucher Platz haben!

 

Harald Brenner, Stadtrat – Freie Wähler

 

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